Der Muskel und die Idee wachsen in der Ruhephase

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Der Muskel und die Idee wachsen in der Ruhephase

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„Der Muskel wächst in der Ruhephase.“ Das ist einer der Lieblingssätze meines Mannes, wenn ich es für seinen Geschmack mit dem Training übertreibe. Auch wenn er mich damit vorübergehend zur Raserei bringt, hat er natürlich recht. Es bringt tatsächlich wenig bis nichts, den Körper täglich und dann auch noch auf ähnliche Weise zu belasten. Naja, etwas bringt es vermutlich irgendwann schon: Verletzungen. Eher nicht zu erwarten ist, dass sich trainingstechnisch irgendwas tut im Sinne einer verbesserten Leistung. Ich stelle mir das so vor, dass mein Körper sich bei zu häufigem, zu intensivem Training in eine Art Kamikaze-Überlebens-Modus schaltet. Der führt dann dazu, dass der Trainingseffekt stagniert. Es gehen dann halt immer nur die 20 Liegestütze. Oder die 5km. Oder die letzten 5 Kilo nicht weg. Ich glaube nämlich, dass das bei den meisten Diäten genauso läuft. Der Körper bekommt keine Chance, zu verstehen, was wir gerade von ihm wollen.

Ich habe im Schnitt zwei Mal pro Jahr größere Verletzungen, kleinere Unfälle oder werde so richtig eklig von der Grippe niedergebüffelt. Bevorzugt – und das wirst Du vielleicht kennen – passiert das kurz vor dem oder, noch gemeiner, mitten im Urlaub. So geschehen zum Beispiel 2018, Sporturlaub auf Fuerteventura: Muskelbündelriss im rechten Oberschenkel. 3 Monate (kreisch!) Zwangspause. Und zwar so richtig. Versuch mal, irgendwas, wirklich ganz egal was, zu machen, ohne Dein Bein zu belasten. 2019 hatte ich, ohne Witz, 5 Monate lang ununterbrochen trockenen Husten. Wäre das dieses Jahr passiert, wäre ich vermutlich bis heute zu Recht in Quarantäne. In 2019 hat man da noch locker in den Schmerz reingearbeitet und durchgezogen. Dieses Jahr bin ich ironischerweise so gesund wie lange nicht. Vielleicht auch kein Wunder bei 3 Monaten Kita-Pause und persönlichem Kontakt mit genau zwei Personen: Meinem Mann und meinem Sohn. Trotzdem hat sich was von hinten angeschlichen: Seit einigen Monaten schon habe ich Probleme mit dem linken Zeigefinger. Geht bestimmt von alleine wieder weg, dachte ich mir. Wenn man nun aber wie ich drei bis vier Mal die Woche gegen dicke Säcke haut (nur zur Sicherheit: ich meine damit nicht meine menschlichen Gegner), ist das offenbar nicht so richtig heilungsfördernd. Lange Rede, kurze MRT: Es ist die Kapsel. Jetzt sitze ich hier, habe meinen verletzten Zeigefinger zum Schutz mit Tape an den Mittelfinger getackert und komme mir abwechselnd vor wie der Papst, der die Gläubigen segnet, und jemand, der sich nicht traut, nur den einen entscheidenden Finger hoch zu halten.

Wenn Du meinen letzten Artikel gelesen hast, vermutest Du vielleicht schon, dass ich auch bei solch lästigen Knüppeln, die das Universum oder wer auch immer mir zwischen die Beine wirft, nach kurzem Zeter und Mordio und einer saftigen Portion Selbstmitleid bei der „Wofür“-Frage ankomme. Sprich: Wofür ist das gut, dass ich jetzt gerade diese Verletzung habe? Oder auch (das ist noch neu für mich): Welche Kompetenz meines Körpers könnte dahinterstecken? Ja, Du hast richtig gelesen: Kompetenz. Früher hätte ich das ohne zu zögern Schwäche genannt. Ich schaue also seit Neuestem darauf, welche Fähigkeit mein Körper auf diese Weise zum Ausdruck bringen könnte. Und das allein schon bringt mich dazu, mal kurz inne zu halten. Pause zu machen. Meiner will im Grunde fast immer genau das: Dass ich mal kurz aufhöre, wie eine Gestörte durch die Welt zu hetzen und alles gleichzeitig und das dann bitte perfekt machen zu wollen. Er möchte, dass ich es mir erlaube, mich zu entspannen. (Liebe Yuliya, ich kann Dir nicht genug danken für diesen Satz!)

Da schließt sich dann schnell der Kreis und mir wird klar, dass mein Körper nichts weiter tut als mir glasklar zu signalisieren: Zeit für eine Pause. Zeit zum Regenerieren. Gleichzeitig merke ich sofort, dass auch meine Emotionen und mein Verstand Pause machen wollen. Der Körper hat nur am lautesten geschrien. Der ist sowas wie der Klassensprecher bei mir. Der löst halt den Feueralarm aus, wenn kein anderer was macht. Ich bin fest davon überzeugt, dass auch meine besten Ideen nur dann den nötigen Raum finden, wenn ich loslasse. Im Hamsterrad wurde bisher selten die Welt verbessert.

In den vergangenen Monaten habe ich von vielen Klienten im Coaching und auch aus dem Bekannten- und Freundeskreis immer wieder gehört, dass die Arbeit im Home Office für sie in vielerlei Hinsicht deutlich entspannter ist als die im Büro. Mein Eindruck ist, dass das allerdings in erster Linie für Leute gilt, die nicht so viele Meetings haben. Denn einige Führungskräfte scheinen auf die gefühlte mangelnde Kontrolle, die sie aufgrund der fehlenden Präsenz nun nicht mehr über ihre Mitarbeiter zu haben glauben, mit einem erhöhten Meetingvolumen zu reagieren. Zugegeben, es mag selbstverständlich auch andere gute Gründe für die vielen Web-Meetings geben. Ich habe nur das ungute Gefühl, dass mit der „virtuellen“ Zeit der Leute in vielen Fällen noch verschwenderischer umgegangen wird als mit der „echten“. Es ist keine Seltenheit, dass ich mit Klienten spreche, die von 8-19 Uhr nahtlos in Web-Konferenzen sitzen, dann kurz mit der Familie zu Abend essen, das Kind ins Bett bringen und sich um 21 Uhr nochmal an den Rechner setzen, „denn irgendwann muss ja die Arbeit gemacht werden“. Von den Situationen, die ich im Online-Coaching insbesondere mit berufstätigen Müttern hatte, mal ganz zu schweigen. Denen müssten eigentlich Statuen gebaut werden. Ich will auch eine.

Ich unterstelle, dass oft komplett ausgeblendet wird, dass man vielleicht mal eine Mittags- oder auch nur eine Toilettenpause einbauen müsste. Da sieht man dann vorübergehend ein Kürzel auf dem Bildschirm und hofft inständig, dass derjenige sein Mikro am Headset auf „Stumm“ geschaltet hat. Holt er jetzt Kaffee oder bringt er ihn weg?

Mein Appell an Dich lautet in diesem Zusammenhang mal wieder: Sorg‘ für Dich! Zeit ist nur ein Konzept. Du hast es in der Hand, wie Du sie für Dich gestaltest. Auch das Nein-Sagen aus meinem Artikel „Bitte sagt nein!“ hilft dabei.

Hier sind einige Fragen für Dich, die Du hoffentlich hilfreich findest:

  • Welche (Web-)Meetings sind heute wirklich sinnvoll für mich? Welche nicht? Welche Auswirkungen hätte es auf andere und/oder mich, wenn ich nicht teilnehme?
  • An welchen Stellen will ich mir heute bewusst Pausen einplanen? (Bitte trag sie Dir in den Kalender ein!)
  • Wie möchte ich diese Pausen jeweils verbringen? (Auch Wäschewaschen ist mal okay – so lange Du nicht jede Pause mit Hausarbeit füllst.)

Ich möchte abschließend den Satz meines Mannes folgendermaßen erweitern: Der Muskel und die Idee wachsen in der Ruhephase. Das gefällt mir. So versuche ich jetzt, die Bedeutung der Pausen für mich zu verändern. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Aber es wird. Das mit den Bedeutungen, die wir selbst den Dingen geben, finde ich eh eine wahnsinnig spannende Geschichte. Da würde ich Dir gern mal mehr drüber erzählen, wenn Du Lust hast.

Apropos Pause: Ich bin schon so halb im Urlaub und ab Montag dann „richtig“ – für weitere drei Wochen. Ich bin noch unentschlossen, ob ich in dieser Zeit Artikel schreiben werde. Einerseits will ich Dich nicht drei Wochen lang hängen lassen, andererseits habe ich gerade einen kompletten Artikel zum Thema Pausen und deren Wunderwirkung geschrieben. Mal gucken. Vielleicht funktioniert es ja auch gut, jeweils von Samstag bis Donnerstag Pause zu machen und dann am Freitag mit ganz vielen wunderbaren neuen Ideen einen Artikel hinzuzaubern. Ich lege mich da jetzt einfach mal entgegen meiner klaren Natur nicht fest.

Was machst Du denn so in Deinen Pausen? Und wie schaffst Du es, überhaupt welche zu machen?

Bis nächsten Freitag vielleicht! Bleib‘ klar.

Deine Saskia

The muscle and the idea grow in the resting phase

„The muscle grows in the resting phase.“ That is one of my husband’s favorite phrases when I overdo it with my training for his taste. Even if he temporarily drives me crazy with it, he is of course right. It actually does little to nothing to strain the body every day and then in a similar way. Well, it will probably do one thing it at some point: cause injuries. It is rather unlikely that something will change in terms of improved performance. I imagine that my body switches to a kind of Kamikaze survival mode if I exercise too often or too intensely. This then leads to the training effect stagnating. Stuck at 20 pushups. Or at 5k. Or with the last 5 pounds. Because I think it‘s the same with most diets. The body has no chance of understanding what we want from it if we don‘t give it the time to do so (aka breaks).

On average, I have major injuries, minor accidents, or get really sick from the flu about twice a year. This happens preferably shortly before or, even more mean, in the middle of your vacation. Sound familiar? For example, in 2018, sports vacation on Fuerteventura: muscle bundle tear in the right thigh. 3 months (whaaaaaaat?!) forced break. Seriously. Try doing something, really no matter what, without straining your leg. In 2019 I had a dry cough for 5 months. I am not exaggerating. If the same had happened this year, I would probably still be in quarantine (and rightly so). In 2019, I was still working into the pain as we call it in German and pulled through. Ironically, this year I’m healthier than I have been in a long time. Perhaps no wonder with a 3-month break from child daycare and personal contact with exactly two people: my husband and my son. Nevertheless, something has crept in from behind: I have had problems with my left index finger for a few months now. Will go away on its own, I thought to myself. But if, like me, you hit big sacks three to four times a week (just to be on the safe side: I don’t mean my human opponents), it obviously doesn’t really promote healing. Long story, short MRI: It’s the capsule. Now I’m sitting here, with my injured index finger taped to my middle finger, and feel like the Pope who blesses the faithful or someone who doesn’t dare to just hold up the crucial finger.

If you have read my last article, you may already suspect that even with such annoying truncheons that the universe or whoever throws between my legs, after a short rant and a good portion of self-pity, I get to the question „What for“. What is it good for that I now have this injury? Or also (this is still new for me): What competence of my body could be behind it? Yes, you read that right: competence. I used to call it weakness without hesitation. So I’ve recently started looking at what ability my body could express in this way. And that alone makes me stop for a moment. Take a break. Basically, mine almost always wants exactly that: that I briefly stop rushing through the world like a disturbed person and to do everything at the same time and then please do it perfectly. It asks me to allow myself to relax. (Dear Yuliya, I cannot thank you enough for this sentence!)

Then the circle quickly closes and I realize that my body is doing nothing more than to signal me crystal clear: time for a break. Time to regenerate. At the same time, I immediately notice that my emotions and my mind also want to take a break. The body screamed the loudest. It’s something like the class representative for me. It hits the fire alarm when no one else is doing anything. I firmly believe that even my best ideas can only find the room they need when I let go. So far, the world has rarely been improved in the rat race.

Over the past few months I have heard from many clients in coaching and from friends and acquaintances that working in their home office is much more relaxed for them than in the office in many ways. My impression is that this applies primarily to people who don’t have many meetings. It seems to me that some executives fill the void they feel concerning control with online meeting volume. Admittedly, there may of course be other good reasons for the many web meetings. I just have the bad feeling that the “virtual” time of people is in many cases even more tampered with than the “real” one. It is not uncommon for me to speak to clients who sit seamlessly in web conferences from 8 a.m. to 7 p.m., then have a quick dinner with the family, put the child to bed and go back to the computer at 9 p.m., „because at some point the work has to be done”. Not to mention the situations that I had in online coaching, especially with working mothers. Statues should be built for them. I want one too.

I assume that it is often completely forgotten that you might have to take a lunch break or even a toilet break. Then you temporarily see initials on the screen and sincerely hope that the person put their headset on mute. Is he going to get coffee or is he doing the opposite?

I’m telling you: Please take care of yourself! Time is just a concept. It is up to you how you design it for yourself. Saying no as mentioned in my article „Please say no!“ also helps.

Here are some questions for you that I hope you’ll find helpful:

  • Which (web) meetings really make sense for me today? Which do not? What effects would it have on others and/or me if I did not take part?
  • At which points do I consciously want to plan breaks today? (Please put them in your calendar!)
  • How do I want to spend these breaks? (Doing laundry is okay too – as long as you don’t fill every break with housework.)

Finally, I would like to expand my husband’s sentence as follows: The muscle and the idea grow in the resting phase. I like that. So now I’m trying to change the meaning of breaks for me. I‘m getting there. Slow but steady. I find the idea that we give things their meaning incredibly exciting anyway. I would like to tell you more about that some time if you feel like it.

Speaking of breaks: I am already half on vacation, and starting Monday „rightfully so“ – for another three weeks. I am still undecided whether I will write articles during this time. On the one hand, I don’t want to leave you hanging for three weeks, on the other hand I have just written a complete article on the subject of breaks and their miraculous effects. We‘ll see. Perhaps it also works well to take a break from Saturday to Thursday and then come up with an article on Friday with lots of wonderful new ideas. Contrary to my clear nature, I simply won‘t commit to anything just yet.

What do you do during your breaks? And how do you manage to take any?

Maybe until next Friday! Stay clear.

Yours, Saskia

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