To read this article in English, please scroll down. Mit Ratschlägen ist das generell so eine Sache: Ich bin überzeugt davon, dass sie nicht funktionieren. Es sei denn, Du bist Anwalt oder Arzt oder etwas Vergleichbares. Allerdings will ich selbst dann keinen Rat von Dir, sondern eine Art Anweisung. Denn ein Rat lässt mir zu viel Spielraum – und das ist bei ernsten Angelegenheiten nicht mein Ding. Da will ich mich blind verlassen können, dass der Experte oder die Expertin genau wissen, was zu tun ist.
Ratschläge, die wir von Anderen bekommen, sind aus meiner Sicht nicht viel mehr als eine Projektion. Wenn uns der Rat gefällt, nehmen wir ihn an. Wenn nicht, dann eben nicht. Wenn ein Rat die Funktion übernimmt, uns eine bestehende Unsicherheit zu nehmen, dadurch dass unser geplantes Vorhaben durch den Rat eines anderen Menschen bestätigt wird, ist das zwar okay. Allerdings wäre es falsch, zu glauben, dass wir jemanden durch unseren Rat von etwas abbringen könnten, was er oder sie vorhat. Oder zu etwas bringen.
Und umgekehrt ist es Quatsch, wenn ich glaube, dass ich mir einen Rat von jemandem einholen kann und dann weiß, was zu tun ist. Das funktioniert eben nur, wenn ich tief in mir drin die Entscheidung bereits getroffen habe und nun die Andere mir genau das sagt, was ich eh schon weiß.
Warum Beratung nichts bringt
Manche glauben, ihr Rat wäre wertvoll und müsste unbedingt von Anderen befolgt werden. Das ist eine maßlose Selbstüberschätzung. Und gleichzeitig genau der Grund, weshalb Coaching so gut funktioniert, denn ein guter Coach bildet sich nicht ein, die passende Lösung für den Klienten zu kennen. Wenn Unternehmen öfter in gute Coaches investieren würden statt ihr Geld Beratern in den Hals zu werfen, wären sie deutlich weiter in ihren Transformationsbemühungen.
Ich selbst werde immer sehr wachsam, wenn mich jemand um Rat bittet. Und fühle mich sofort schlecht, wenn es mir ab und zu leider doch passiert, dass ich welchen gebe. Mein Rat beruht ja lediglich auf meinem sehr beschränkten Wissen, meinen Erfahrungen, meiner kleinen Sicht auf die Welt. Wieso sollte das irgendwas mit dem Ratsuchenden zu tun haben?
Ich versuche also, stattdessen lieber Fragen zu stellen, ohne immer gleich alle ungefragt zu coachen, die vielleicht einfach nur eine Bestätigung ihrer Gedanken und Gefühle von mir suchen. Deshalb frage ich manchmal auch genau das: Inwiefern möchtest Du gerade eine Bestätigung Deines Vorhabens von mir? Wenn es so ist und ich sie geben kann: Fein. Wenn nicht: Auch okay, so lange wir uns beide darüber im Klaren sind, dass mein Rat eben nur mit mir zu tun hat und wenig bis nichts mit dem Anderen. Ich darf dann auch nicht empört sein, wenn er nicht angenommen wird.
Nun aber zurück zum schlechtesten Rat, den ich je bekommen habe. Wie Du Dir schon denken kannst, war er deshalb so schlecht, weil er nicht zu mir passte, nicht bestätigt hat, was ich will, denke und fühle. Für jemand anderen wäre er vielleicht super gewesen. Es war der Klassiker: „Der Weg ist das Ziel.“
Dieser Kalenderspruch löst in mir sofort Widerstand aus. Für Andere ist er vielleicht sogar so eine Art Lebensmotto, und das ist komplett in Ordnung. Für mich funktioniert das nicht, denn für mich ist das Ziel das Ziel. Und der Weg ergibt sich aus dem Ziel. „Der Weg ist das Ziel“ interpretiere ich so, dass ich die Reise bis zur Zielerreichung genießen soll. Es langsam angehen lassen soll. Grundsätzlich gut gemeint, doch müsste ich dafür meine Persönlichkeit umgehen. Und das ist schon lange keine Option mehr für mich.
Ob wir unsere Ziele erreichen, groß oder klein, Lebensziele oder Tagesziele, hängt davon ab, wie unsere Zielformulierung gestaltet ist. Es reicht nicht, eine grobe Vorstellung der Zielerreichung zu haben. Je höher die Qualität der Zielformulierung, desto höher der positive Einfluss auf die Umsetzungskompetenz. Meine ist sehr hoch. Spricht dafür, dass ich gut darin bin, meine Ziele zu formulieren.
Versteh mich bitte nicht falsch: Ich bin sehr für eine schrittweise Vorgehensweise in der Zielerreichung. Der Weg ist wichtig. Gleichzeitig greift es mir zu kurz, wenn ich das Ziel dem Weg unterordne. Das Ziel ist das, was mich motiviert. Wenn der Weg dorthin gut ist, umso besser.
Kannst Du den Gipfel sehen?
Vielleicht ein Bild dazu: Mein Mann und ich gehen sehr gerne Schneeschuhwandern. Das ist eine anstrengende Angelegenheit, die viel Durchhaltevermögen voraussetzt. Wir gehen normalerweise keine 2-Stunden-Touren, sondern sind eher den ganzen Tag unterwegs. Das kann man nur gut durchhalten, wenn man in einem gleichmäßigen Tempo Schritt für Schritt geht, über Stunden.
Für mich funktioniert das nur, wenn ich weiß, wie lange es ungefähr bis zum Gipfel dauert. Und wenn ich ihn dann sehen kann, zündet das in mir nochmal letzte Reserven. Meinem Mann ist das schnurz. Der würde immer weitergehen und den Weg genießen, was ich ihm von Herzen gönne. Inzwischen habe ich aufgehört, mich schlecht deshalb zu fühlen, dass es bei mir anders ist. Aus mir unbekannten Gründen wird uns nämlich vorgegaukelt, die „Der Weg ist das Ziel“-Haltung wäre besser als die „Das Ziel ist das Ziel“-Haltung.
Ich bin überzeugt davon, dass eins in jedem Fall gilt: Wenn Du ein Ziel erreichen willst, brauchst Du eine passende Zielformulierung. Wie dann Du dann dorthin gelangst, ist zweitrangig. Du kannst den Weg genießen, ihn so oft ändern wie Du willlst, Umwege und Abkürzungen nehmen. So lange Du aber nicht präzise und klar weißt, woran ganz genau Du erkennen wirst, dass Du Dein Ziel erreicht hast, wirst Du vermutlich weiter Andere um Rat fragen. Und Dich gegebenenfalls wundern, warum der nicht funktioniert.
Bis nächsten Freitag! Bleib klar.
Deine Saskia
I am convinced that advice doesn’t work. Unless you’re a lawyer or a doctor or something similar. However, even then I don’t want advice from you, but some kind of instruction. Because advice gives me too much leeway – and that’s not what I’m looking for when it comes to serious matters. I want to be able to rely blindly that the expert knows exactly what to do.
Advice that we get from others is, in my opinion, little more than a projection. If we like the advice, we take it. If not, then not. If a council takes on the function of taking an existing uncertainty away from us by confirming our plan, that’s okay. However, it would be wrong to believe that our advice can dissuade someone from doing what he or she is about to do. Or the opposite.
And vice versa, it’s nonsense if I think I can get advice from someone and then know what to do. That only works if I have already made the decision deep down and now the other person tells me exactly what I already know.
Why advice doesn’t work
Some believe their advice is valuable and needs to be followed by others. That is an excessive overestimation of oneself. And at the same time exactly the reason why coaching works so well, because a good coach does not imagine that he knows the right solution for the client. If companies invested more often in good coaches instead of throwing their money down the throat of consultants, they would be significantly further in their transformation efforts.
I myself always become very vigilant when someone asks me for advice. And I immediately feel bad when it unfortunately happens to me that I give some. My advice is based only on my very limited knowledge, my experiences, my little view of the world. Why should that have anything to do with the person seeking advice?
So I try to ask questions instead, while trying not to coach people who may just be looking for confirmation of their thoughts and feelings from me. That’s why I sometimes ask exactly that: To what extent would you like me to confirm your plan? If so and I can give the confirmation: Fine. If not: Also okay, as long as we are both aware that my advice only has to do with me and little or nothing to do with the other. I mustn’t be upset if it isn’t accepted.
But now back to the worst advice I’ve ever received. As you can imagine, it was so bad because it didn’t suit me, didn’t confirm what I want, think and feel. For someone else it might have been great. It was the classic: „The journey is the reward.“
This calendar saying immediately triggers resistance in me. For others, it might even be a kind of motto in life, and that’s perfectly fine. It doesn’t work for me, because for me the reward is the reward. And the way results from the reward. I interpret „the journey is the reward“ in such a way that I should enjoy the journey until the goal is reached. Take it slow. Basically well meant, but I would have to cheat on my personality for that. And that’s no longer an option for me.
Whether we achieve our goals, big or small, life goals or daily goals, depends on how our goal formulation is designed. It is not enough to have a rough idea of how goals will be achieved. The higher the quality of the target formulation, the greater the positive impact on implementation skills. Mine are very high. Indicates that I am good at formulating my goals.
Please don’t get me wrong: I am very much in favor of a step-by-step approach to achieving goals. The way is important. At the same time, it falls short for me if I subordinate the goal to the path. The goal is what motivates me. If the way there is good, all the better.
Can you see the top?
My husband and I love to go snowshoeing. It’s an exhausting business that requires a lot of perseverance. We don’t usually do 2-hour tours, but rather go all day. You can only keep it up well if you walk step by step at a steady pace, for hours.
It only works for me if I know how long it will take to get to the top. And when I can then see it, it will ignite the last reserves in me. My husband doesn’t care. He would always go on and enjoy the way, which I love about him. However, I’ve stopped feeling bad about being different. For reasons unknown to me, we are led to believe that the „The way is the reward“ attitude is better than the „The reward is the reward“ attitude.
I am convinced that one thing always applies: If you want to achieve a goal, you need a suitable formulation of the goal. How you get there is of secondary importance. You can enjoy the path, change it as often as you want, take detours and shortcuts. As long as you do not know precisely and clearly how you will recognize that you have achieved your goal, you will probably continue to ask others for advice. And you might be wondering why that doesn’t get you anywhere.
Until next Friday! Stay clear.
Yours, Saskia