Wahrscheinlich ist es nichts Neues für dich, dass wir alle viele verschiedene Rollen in unserem Leben einnehmen. Ich zum Beispiel bin Frau, Partnerin, Mutter, Unternehmerin, Freundin, Expertin, Tochter, Schwester, Sportlerin. Und das sind nur einige meiner Rollen. Manche Rollen legen wir im Laufe des Lebens ab, manche kommen neu dazu.
Vielleicht spürst du in letzter Zeit immer stärker, dass sich durch deine Rolle der Expertin weitere Rollen ergeben, die noch neu für dich sein können. Von denen du bis vor Kurzem noch gar nichts wusstest. Besonders dann, wenn du dich regelmäßig in Situationen mit deinen Kundinnen wiederfindest, in denen du dir wünschst, dass sie stärker ins Tun kommen.
In der Rolle der Expertin zeigst du der Kundin Schritt für Schritt, was zu tun ist, um ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen. Das funktioniert auch zunächst sehr gut. Es kann allerdings sein, dass die Kundin auf diesem Weg auf Hindernisse stößt, die sie nicht immer allein bewältigen kann. Und auch eine genaue Anleitung der Expertin hilft ihr da nicht, weil ihr Kontext ein anderer ist. Was sie jetzt braucht, ist ein Coach. Im besten Fall weiterhin dich. Nur in einer anderen Rolle.
Deine Kundin ist es gewohnt, von dir, der Expertin, alle Antworten zu bekommen.
Deshalb bleibt sie in einer konsumierenden Haltung, auch wenn sie auf Hindernisse stößt. Und du reagierst darauf. Sie spricht die Expertin in dir an – und im Zweifel antwortet die Expertin in dir. Ein Muster, aus dem es auszubrechen gilt, wenn du mehr Verantwortung an die Kundin abgeben möchtest. Und damit das, was die Kundin bei dir lernt, auch wirklich nachhaltig in ihr Leben integriert werden kann.
Jede gute Geschichte basiert auf der klassischen Heldinnenreise. Die Heldin (in unserem Fall die Kundin) durchläuft dabei verschiedene Stationen: Sie startet in ihrem gewohnten Umfeld, hört dann den Ruf des Abenteuers und macht sich auf den Weg. Die erste Hürde kommt und sie merkt, dass es schwierig werden könnte und sie es allein vielleicht nicht schafft. Dann kommt zum Glück der Mentor (in unserem Fall die Expertin) und stattet sie mit „Waffen“ aus: Wissen, Tools, Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Unsere Heldin geht weiter und nimmt erfolgreich weitere Hürden.
Dann schließlich kommt die entscheidende Prüfung.
Schafft die Heldin es, ihre neue Superkraft für sich zu finden und diese jederzeit abzurufen? Die Waffen der Expertin helfen ihr hier nicht mehr, weil die „Gegner“ der Heldin anders sind als die der Expertin. Also muss sie ihren eigenen Weg finden. Das kann sie allein versuchen und unter Umständen scheitern und enttäuscht sein. Oder sie holt sich jemanden an ihre Seite, der sie dabei unterstützt, ihre eigenen Superkräfte nachhaltig für sich zugänglich zu machen. Der sie in die Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit begleitet: Einen Coach. Im besten Fall ist das die Expertin, nur jetzt in der Rolle als Coach.
Wir schlüpfen mal kurz in die Rolle der Heldin, also der Kundin, und schauen uns das anhand eines konkreten Beispiels an. Stell dir vor, unsere Heldin hat schon länger darüber nachgedacht, sich gesünder zu ernähren. Sie hat dann in den sozialen Medien eine Expertin für gesunde Ernährung entdeckt, die sie überzeugt hat. Sie hat zuerst ein Freebie von ihr ausprobiert und dann sogar ihren betreuten Onlinekurs gekauft. Der Kurs war super! Die Expertin hat ihr Schritt für Schritt gezeigt, was sie tun muss, um ihre Ernährung umzustellen. So weit, so gut.
Jetzt kommt allerdings die Prüfung: der Alltag mit all seinem Stress und den Ausnahmen, den Bequemlichkeiten und Verlockungen. Und die sind sehr individuell. Damit die Heldin den Schritt über diese Schwelle schafft und sich ihre Belohnung abholen kann, nämlich die nachhaltig verbesserte Gesundheit, braucht sie dich als Coach.
Du brauchst die zusätzliche Rolle „Coach“.
Ich halte es für wahrscheinlich, dass deine Kundin nicht weiß, dass sie dich in unterschiedlichen Rollen braucht. Das ist auch nicht das, was für sie zählt. Für sie zählt, ob sie ihr Ergebnis erreicht oder nicht. Deine Aufgabe ist es, zu entscheiden, wann du in welcher Rolle auftreten willst. Du brauchst zusätzlich zur Expertinnen-Rolle eben auch die Coach-Rolle, wenn eine nachhaltige Transformation gelingen soll. Ansonsten gibst du ohne Ende Energie, Kraft und Zeit – und selbst das garantiert nicht, dass deine Kundin ans Ziel kommt.
Prüf also für dich:
- Wann braucht die Kundin dich als Expertin, wann als Coach? Hier reagierst du.
- Wann willst du als Expertin auftreten, wann als Coach? Hier agierst du.
Rollenflexibilität ist der bewusste, zielführende Wechsel der Rollen.
Das sind zwei unterschiedliche Komponenten, die beide zu beachten sind. Im Sinne der größtmöglichen Entspanntheit für dich empfehle ich dir, so oft wie möglich selbst zu entscheiden, wann du in welcher Rolle auftreten willst. Die gute Nachricht ist, dass sich die Antwort aus dem ersten Punkt ergeben wird. Wenn du für dich klar hast, in welchen Situationen welche Rolle für deine Kundin hilfreicher ist, kannst du die Kundinnenreise entsprechend lenken und gestalten. Das lässt dir dann auch den Freiraum und die Flexibilität, innerhalb einer Situation die Rollen zu wechseln, sofern dir das zielführend erscheint. Und das ist es, was ich unter Rollenflexibilität verstehe.
Aus meiner jahrelangen Erfahrung in beiden Rollen kann ich sagen: Entscheidend, wie so oft im Leben, ist deine Kommunikation. Je transparenter du den Prozess für deine Kundin gestaltest und sie daran teilhaben lässt, in welcher Rolle du gerade unterwegs bist und aus welchen Gründen, desto besser für euch beide. Ich arbeite gerade an einem Leitfaden für einen entspannten Coaching-Prozess, der dir dabei helfen wird. Das wird mein neues Freebie für dich.
Über Rollenökonomie (Inwiefern gelingt es dir, die Rollenflexibilität so zu leben, dass sie optimal für deinen Ressourcenhaushalt ist?) und Rollenstabilität (Inwiefern gelingt es dir, in der gewählten Rolle zu bleiben?) erzähle ich dir an anderer Stelle.
Bis nächsten Freitag! Bleib klar.
Deine Saskia