Wieso Feedback selten funktioniert

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Wieso Feedback selten funktioniert

To read this article in English, please scroll down. Das Thema Feedback beschäftigt mich seit Jahrzehnten. Inbesondere in meiner Arbeit mit Organisationen ist Feedback immer wieder etwas, an dem es laut Belegschaft oft mangelt. Scheinbar geben Führungskräfte insgesamt zu wenig davon. Und wenn sie welches geben, dann schwankt es in der Wahrnehmung der Mitarbeiter*innen oft von „nicht hilfreich“ bis „demotivierend“. Gleichzeitig bekommen die Führungskräfte selber wenig bis kein Feedback.

Es ist gängige Praxis in vielen Unternehmen, dass es genau zwei Mal im Jahr Feedback gibt: im Halbjahresgespräch und im Jahresgespräch. Zwei Mal im Jahr bewegt man sich von der Was-Ebene auf die Wie-Ebene. Wenn es gut läuft. Wen wundert es da, dass diese Feedback-Gespräche dann oft zu Irritationen beim Feedback-Empfänger führen? Mich nicht. Zu recht fragt sich der Empfänger: „Wieso hat er/sie das nicht schon viel früher gesagt?“ Das gilt für positives wie kritisches Feedback gleichermaßen. So schön sie sein mag – was nützt mir eine positive Rückmeldung Monate später?

Da sind wir auch schon bei des Pudels Kern: Feedback ist, wie der Name schon sagt, per definitionem rückwärtsgerichtet. Deshalb heißt es ja auch Rückmeldung und nicht Vormeldung. Ohne Zeitmaschine wird es allerdings schwierig, die Vergangenheit zu verändern. Und genau das ist das Problem mit Feedback.

Zukunfts- und Lösungsorientierung statt verschütteter Milch

Ich selbst habe schon oft gesagt bekommen (das Feedback bekommen?!), dass ich sehr gut sei im Geben von Feedback (übers Annehmen wurde irgendwie nicht so viel gesagt). Das höre ich natürlich gern und habe meine Fähigkeiten sowohl als Führungskraft im Konzern als auch später in meiner Arbeit als Trainerin gern und häufig zum Einsatz gebracht. Wenn ich mit Seminarschauspielern zusammenarbeite, ist das Feedback an die Teilnehmenden einer der Schlüssel, der regelmäßig für riesige Aha-Momente sorgt. Jetzt mache ich mir mit diesem Artikel gerade selber das Konzept kaputt. Könnte man meinen. Denn ich glaube, dass die wirkliche Kraft, die „Ach soooos“, die ich immer wieder miterleben darf, gar nicht wirklich aus dem Feedback entstehen. In Wahrheit ist es nämlich Feedforward, das ich in meiner Arbeit hauptsächlich nutze. Und ich glaube auch, dass mein „Feedback“ deshalb auch oft als sehr angenehm empfunden wird, weil es gar keins ist.

Wenn es richtig gut läuft, tue ich zwei Dinge, wenn mich jemand um Feedback bittet:

  1. Ich gebe gezieltes Feedback. Gezielt deshalb, weil es zum Ziel des Fragenden passt, nicht zu meinem. Ich muss also wissen, was sein Ziel ist. Deshalb frage ich danach.
  2. Ich gebe mein Feedback zukunftsgerichtet. Das bedeutet konkret: Ich halte mich nicht lange mit gelutschten Drops auf, sondern übersetze das, was sich der Empfänger wünscht, in lösungsorientierte Ideen für die Zukunft. Und das ist eben Feedforward.

Feedback ist selten agil

Der Punkt mit den Ideen ist besonders wichtig, wenn ich es mit erfolgreichen Menschen zu tun habe. Meine Erfahrung ist, dass erfolgreiche Menschen unter anderem deshalb erfolgreich sind, weil sie sich auf Lösungen fokussieren, anstatt in der Vergangenheit zu hängen. „Sunk costs“, könnte man sagen. Das Konzept Feedback passt wie die Faust aufs Auge zum rückwärtsgerichteten Handeln vieler Unternehmen. Agil ist das nicht gerade. Ich finde: Es ist viel zu frustrierend (und sinnlos), sich mit Dingen aus der Vergangenheit zu beschäftigen, die wir eh nicht mehr ändern können.

Die Zukunft hingegen, die können wir beeinflussen. Manche Feedback-Modelle starten einen zarten Versuch in diese Richtung, indem sie den Feedback-Geber im letzten Schritt „Wünsche“ formulieren lassen. Ich selbst habe auch lange so gearbeitet und solche Modelle meinen Teilnehmenden vermittelt. Inzwischen denke ich: Ich werde mich in meiner Arbeit zukünftig viel stärker auf das Feedforward konzentrieren. Wenn ich statt eines Wunsches mehrere Ideen für die Zukunft anbiete, lasse ich den/die Andere*n entscheiden, welche Idee er oder sie „kaufen“ will und welche nicht. Ich bin überzeugt, dass besonders erfolgreiche Menschen sich auf das Konzept von Ideen deutlich besser einlassen können als auf Wünsche, die jemand an sie richtet. So ist es jedenfalls bei mir selbst.

Raus aus der Vergangenheit, rein in die aktive Zukunftsgestaltung

Das bestätigt auch der US-Amerikaner Dr. Marshall Goldsmith, der sich noch deutlich intensiver mit Feedback und dessen Wirkung, insbesondere im Zusammenhang mit erfolgreichen Führungskräften, auseinandergesetzt als ich. Er war auch derjenige, der den Begriff des Feedforward geprägt hat. Was zunächst nur nach Wortklauberei klingt, macht bei näherer Betrachtung unglaublich viel Sinn: Durch Feedforward begeben wir uns raus aus der Vergangenheitsbetrachtung (die so gut wie immer auch eine Bewertung darstellt) hinein in die aktive Gestaltung der Zukunft.

Wieso sind manche von uns überhaupt so scharf auf Feedback? Ich vermute, dass es verschiedene Gründe gibt. Der folgende scheint mir für die breitere Masse am wahrscheinlichsten: Wir wollen uns entwickeln und glauben, dass wir dafür die Rückmeldung von außen benötigen. Das mag in Teilen stimmen, denn hauptsächlich über die Wahrnehmung anderer können wir blinde Flecken identifizieren.

Gleichzeitig erlebe ich in meiner täglichen Praxis als Business Coach, dass die meisten Menschen bereits so selbstreflektiert sind, dass sie „ihre Themen“ genau kennen. Das Feedback bekommt dann eine Art Pseudo-Rolle, weil es im Wesentlichen das bestätigt, was wir eh schon über uns zu wissen glauben. Das ist dann auch dasjenige Feedback, das wir gut annehmen können (positiv wie negativ). Rückmeldungen, die nicht in unser Selbstbild passen, nehmen wir deutlich seltener an. Entwicklung ist für mich etwas anderes.

Feedback ist wie ein Echo Chamber

Du kannst also Deinen Umgang mit Feedback durchaus mit einem Echo Chamber vergleichen, weil Deine bestehende Überzeugung von Dir selbst durch Kommunikation und Wiederholung im geschlossenen System verstärkt wird. Es kann zwar zu Widerlegungen kommen, nur entscheiden wir uns eben selten dafür, diese Widerlegungen bei kritischen Rückmeldungen als Veränderungspotential und bei positivem Feedback, das nicht in unser Selbstbild passen will, als Verstärkungspotential wirklich anzunehmen.

In Wahrheit ist also der Wunsch nach Feedback nicht der Wunsch nach Entwicklung, sondern nichts weiter als der Wunsch nach Bestätigung unseres Selbstbildes. Puh. Das ist so ähnlich wie bei Ratschlägen, die nach dem gleichen Prinzip funktionieren oder eben nicht. Trifft der Rat unser eigenes Gefühl, nehmen wir ihn an. Wenn nicht, dann nicht.

Genau deshalb funktioniert Feedback nur dann wirklich, wenn es unser Selbstbild trifft. Eine der Grundregeln, die zumindest ich mal im Zusammenhang mit Feedback gelernt habe, lautet: „Feedback ist ein Geschenk.“ (Diesen Satz habe ich schon immer lächerlich gefunden.) Du entscheidest, ob Du das Feedback annehmen willst oder nicht. Wenn das so ist, aus welchem Grund sind wir als Feedbackgeber eigentlich immer wieder so erstaunt, ja sogar verärgert darüber, wenn wir auf Menschen treffen, die unser Feedback eben nicht als „Geschenk“ sehen?

Das Problem ist eben jene Erwartungshaltung. Ich kann das gut verstehen. Wenn ich für jemanden ein Geschenk aussuche, viel Zeit und Liebe (und vielleicht Geld) investiere, es noch hübsch verpacke und dann freudestrahlend überreiche, dann hat diejenige sich gefälligst angemessen zu freuen! Sehr beleidigt wäre ich, wenn mein Geschenk unbeachtet in der Ecke landen würde. Oder die Beschenkte mich fragt: „Hast Du den Bon noch?“ Jetzt sollen wir also diese Analogie auf Feedback übertragen und wundern uns, wieso das nicht funktioniert. Schon gar im Business-Kontext!

Es soll ja Menschen geben, die kein Feedback brauchen oder wollen

Bei diesen Menschen ist vermutlich die interne Referenz eher stark ausgeprägt: Bewertung erfolgt anhand eigener Erfahrungen, Kritiken, Meinungen und Werte. Meine These ist: Viele sehr erfolgreiche Menschen verfügen über eine relativ hohe interne Referenz. Das führt automatisch dazu, dass sie sich selten Feedback einholen. Wozu auch? Gerade für diese Menschen kann es sehr wertvoll sein, sich durch Feedforward weiter zu entwickeln, eben weil es dabei nicht um Bewertung, sondern um Ideen geht.

Ich habe jedenfalls gerade richtig Lust darauf bekommen, auf diesem Gedanken weiter herumzudenken.

Wie findest Du die Idee, dass ich mich noch stärker mit dem Konzept des Feedforward auseinandersetze? Inwiefern wäre das spannend für Dich? Schreib mir gern einen Kommentar oder eine Nachricht. Vielen Dank!

Bis nächsten Freitag! Bleib klar.

Deine Saskia

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The subject of feedback has occupied me for decades. Especially in my work with organizations, feedback is always something that the workforce says is often lacking. Overall, managers seem to give too little of it. And if they give it, then the perception of the employees often fluctuates from „not helpful“ to „demotivating“. At the same time, the managers themselves receive little or no feedback.

It is common practice in many companies that feedback is given exactly twice a year: in the half-year review and in the annual review. Twice a year you move from the „what“-level to the „how“-level. If it’s going well. Who finds it surprising that these feedbacks often lead to irritation with the recipient? I sure don’t. The recipient rightly asks: „Why didn’t he/she tell me much earlier?“ This applies equally to positive and critical feedback. As beautiful as it may be – what use is positive feedback months later?

Here we are at the heart of the matter: Feedback, as the name suggests, is by definition backward-looking. Without a time machine, however, it will be difficult to change the past. And that’s exactly the problem with feedback.

Future and solution orientation instead of spilled milk

I myself have been told many times (got the feedback?!) that I was very good at giving feedback (somehow not that much was said about accepting it). Of course, that’s nice to hear, and I have often used my skills both as a manager and later in my work as a trainer. When I work with seminar actors, the feedback to the participants is one of the key elements that regularly create huge „aha!“ moments. Now I’m destryoing the concept myself with this article. You might think. Because I believe that the real power, the „noooow I get it“, which I get to experience again and again, doesn’t really derive from the feedback. In truth, it is feedforward that I mainly use in my work. And I also believe that my „feedback“ is often perceived as very pleasant because it is not feedback at all.

When things go really well, I do two things when someone asks me for feedback:

  1. I give targeted feedback. Targeted because it fits the aker’s goal, not mine. So I need to know what the goal is. That’s why I ask about it.
  2. I give my feedback in a forward-looking manner. Specifically, this means: I don’t spend much time on spilled milk, but translate what the recipient wants into solution-oriented ideas for the future. And that’s feedforward.

Feedback is rarely agile

Giving ideas is especially important to me when dealing with successful people. My experience is that one of the reasons successful people are successful is because they focus on solutions instead of being stuck in the past. „Sunk costs“, one could say. The concept of feedback fits perfectly to the backward-looking actions of many companies. It’s not exactly agile. I think it’s way too frustrating (and pointless) to deal with things from the past that we can’t change anyway.

The future, on the other hand, we can influence. Some feedback models make a gentle attempt in this direction by letting the feedback provider formulate „wishes“ in the last step. I myself have worked like this for a long time and conveyed such models to my participants. In the meantime I think: I will concentrate much more on feedforward in my work in the future. If instead of a wish I offer several ideas for the future, I let the other person decide which idea he or she wants to „buy“ and which not. I am convinced that particularly successful people can engage with the concept of ideas much better than with the wishes that someone directs to them. At least that’s how it is with me.

Move out of the past and into actively shaping the future

This is also confirmed by the American Dr. Marshall Goldsmith, who has dealt even more intensively with feedback and its effects, especially in connection with successful executives, than I have. He was also the one who coined the term feedforward. What at first sounds like quibbling, makes a lot of sense on closer inspection: Through feedforward we move out of the past view (which almost always represents an evaluation) into the active design of the future.

Why are some of us so keen on feedback in the first place? I suspect there are various reasons. The following seems to me to be the most likely for the broader masses: We want to develop and believe that we need feedback from others to do so. That may be partly true, because we can mainly identify blind spots through the perception of others.

At the same time, in my daily practice as a business coach, I experience that most people are already so self-reflective that they know „their topics“ very well. The feedback then takes over a kind of pseudo-role, because it essentially confirms what we think we already know about ourselves. This is also the feedback that we can easily accept (positive as well as negative). We accept feedback that does not fit into our self-image much less often. For me, development is something very different.

Feedback is like an echo chamber

So you can compare your handling of feedback with an echo chamber, because your existing conviction of yourself is reinforced through communication and repetition in a closed system. Refutations can occur, but we rarely decide to really accept these refutations as potential for change in the case of critical feedback and as reinforcement potential in the case of positive feedback if it does not fit our self-image.

In truth, the desire for feedback is not a desire for development, but nothing more than a desire to confirm our self-image. Phew. It’s similar to advice that works or doesn’t work on the same principle. If the advice meets our own tendency, we accept it. If not, then not.

This is precisely why feedback only really works if it matches our self-image. One of the basic rules that at least I have learned in connection with feedback is: „Feedback is a gift.“ (I’ve always found that phrase ridiculous.) You decide whether you want to accept the feedback or not. If so, why are we, as feedback providers, always so amazed, even annoyed, when we deal with people who do not see our feedback as a „gift“?

The problem is precisely those expectations. I understand that well. If I choose a gift for someone, invest a lot of time and love (and maybe money), wrap it up nicely and then hand it over with a beam of joy, then that person has to be appropriately happy! I would be very offended if my present ended up in the corner unnoticed. Or it the recipient asked me: „Do you still have the receipt?“ So now we are supposed to transfer this analogy to feedback and wonder why that doesn’t work. Especially in a business context!

Rumor has it, there are people who don’t need or want feedback

With these people, the internal reference is probably rather strong: Evaluation is based on personal experiences, reviews, opinions and values. My thesis is: Many very successful people have a relatively high internal reference. This automatically means that they rarely seek feedback. What for? For these people in particular, it can be very valuable to develop through feedforward, precisely because it is not about evaluation, but about ideas.

I really feel like thinking on this further.

How about you? How do you like the idea that I should deal even more closely with the concept of feedforward? To what extent would that be exciting for you? Feel free to write me a comment or a message. Many thanks!

Until next Friday! Stay clear.

Yours, Saskia

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